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Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 28.03.2006
Aktenzeichen: 7 Sa 1970/05
Rechtsgebiete: TzBfG, SGB IX
Vorschriften:
TzBfG § 15 Abs. 2 | |
SGB IX § 92 | |
SGB IX § 88 Abs. 3 |
II. Einer befristeten Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz eines im Erziehungsurlaub befindlichen Arbeitnehmers stehen dringende betriebliche Gründe i.S. von § 59 Abs. 3 BAT entgegen.
III. Die Monatsfrist nach § 88 Abs. 3 SGB IX findet auf die Mitteilung über den Eintritt der auflösenden Bedingung nach § 15 Abs. 2 TzBfG keine Anwendung.
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 28. März 2006
In Sachen
hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 7. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 07. März 2006 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht .....als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter für Recht erkannt: Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 23.08.2005 - 91 Ca 9658/05 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis nach § 59 BAT geendet hat.
Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Dem seit dem 15. September 1988 bei dem beklagten Land im Bereich des Bezirksamtes T.-Sch. als Erzieher beschäftigten, mit einem Grad von 50 als schwerbehindert anerkannten Kläger wurde mit Bescheid vom 30. Dezember 2003, ihm zugegangen am 17. Januar 2004 rückwirkend zum 15. September 2003 einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt. Das Bezirksamt T.-Sch. beantragte daraufhin beim Integrationsamt die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erwerbsunfähigkeitsrente. Diesem Antrag stimmte das Integrationsamt mit Bescheid vom 19. April 2004, dem beklagten Land zugegangen am 21. April 2004, zu. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 21. April 2004 Widerspruch ein (Bl. 31 d.A.). Dem Widerspruch wurde mit Bescheid vom 16. März 2005 (Bl. 42 d. A.) nicht abgeholfen. Am 24. Mai 2005 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht gegen die Zustimmung zu einer Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erhoben. Über diese Klage ist bisher noch nicht entschieden worden.
Nach Erhalt des Rentenbescheides beantragte der Kläger mit Schreiben vom 30. Januar 2004 (Bl. 29 d. A.) beim Bezirksamt unter Hinweis auf § 59 Abs. 3 BAT eine Weiterbeschäftigung. Mit Schreiben vom 16. April 2004 (Bl. 30 d. A.) teilte das Bezirksamt dem Kläger mit, der P. in Berlin - L. - biete eine bis zum 31. Dezember 2004 befristete Einsatzmöglichkeit in der Bußgeldstelle. Zugleich bat das Bezirksamt den Kläger bis zum 30. April 2004 mitzuteilen, ob er dieses Angebot annehme. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers bat zunächst um Übersendung einer Stellenbeschreibung, die Entscheidungsfrist wurde bis zum bis zum 15. Mai 2004 verlängert; eine Stellenbeschreibung aber nicht übersandt und der Kläger auch nicht beim P. beschäftigt. Mit Schreiben vom 8. September 2004 (Bl. 39 d. A.), dem Kläger zugegangen am 13. September 2004 teilte das Bezirksamt mit, der Hinweis auf eine Stelle beruhe auf einem Irrtum. Tatsächlich gebe es keine freien Stellen, so dass das Arbeitsverhältnis mit dem Tage des Zugangs der Zustimmung des Integrationsamtes am 21. April 2004 beendet worden sei. Als Antwort darauf verwies der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27. September 2004 (Bl. 41 d. A.) auf § 59 Abs. 5 BAT sowie darauf, dass eine Anhörung des Widerspruchsausschuss noch nicht stattgefunden habe, die Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht bestandskräftig sei.
Mit der am 25. April 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen eine Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 21.April 2004.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23. August 2005, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird (§§ 69 Abs. 2 ArbGG) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit dem 21. April 2004 beendet worden ist, sondern bis zum 11. Oktober 2004 fortbestanden hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die dem Kläger mit Bescheid des Rentenversicherungsträgers vom 30 Dezember 2003 gewährte unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT beendet worden. Es könne dahinstehen, ob zum Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei dem Beklagten bestanden habe, da der Kläger sich hierauf nach den allgemeinen Grundsätzen der Verwirkung nicht mehr berufen könne. Der Kläger habe erst 7,5 Monate nach Erhalt des Schreibens des beklagten Landes vom 8. September 2004 Klage beim Arbeitsgericht erhoben. Zu diesem Zeitpunkt habe der Beklagte nicht mehr damit rechnen müssen, der Kläger werde eine etwaige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nach § 59 Abs. 3 BAT noch gerichtlich geltend machen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem von dem Kläger betriebenen Verwaltungsgerichtsverfahren, da dort nicht der fehlende Eintritt einer auflösenden Bedingung nach § 59 Abs. 1 BAT geltend gemacht werde, sondern die Unwirksamkeit der Zustimmung des Integrationsamtes zu der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Verwaltungsakt. Im übrigen habe der Kläger auch keine freie Stelle bei dem beklagten Land vorgetragen. Bei der ihm angebotenen Stelle beim Polizeipräsidenten handle es sich nur um einen befristeten Übergangseinsatz, nicht aber um eine freie, durch Neueinstellung zu besetzende Stelle i. S. v. § 59 Abs. 3 BAT. Soweit der Kläger auf eine Mitarbeiterin verwiesen habe, die sich seit dem 24. März 2005 im Erziehungsurlaub befinde, sei diese Stelle unter Berücksichtigung der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz frühestens ab dem 15. Dezember 2004 nicht mehr besetzt und damit zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 11. Oktober 2004 nicht als frei anzusehen. Das beklagte Land habe dem Kläger die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch nicht innerhalb der Frist nach § 88 Abs. 3 SGB IX mitteilen müssen. Diese Vorschrift werde von der Verweisung in § 92 SGB IX nicht erfasst, da es bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt einer auflösenden Bedingung im Gegensatz zur Kündigung keiner rechtsgestaltenden Willenserklärung bedürfe. Allerdings ende das Arbeitsverhältnis nicht mit dem Tag der Zustellung der Zustimmung des Integrationsamtes, sondern nach § 15 Abs. 2 TzBfG zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Klägers durch das beklagte Land über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 08. September 2004, also zum 11. Oktober 2004.
Gegen dieses am 30. September 2005 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die er mit einem beim Landesarbeitsgericht am 25. Oktober 2005 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 31. Dezember 2005 - am 29. Dezember 2005 eingegangen Schriftsatz begründet hat.
Der Kläger und Berufungskläger trägt vor, er habe die Geltendmachung der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nicht verwirkt. Das beklagte Land habe schon allein wegen des Betreibens des Widerspruchsverfahrens nicht darauf vertrauen dürfen, der Kläger werde sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nicht mehr wenden. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten seien gegeben. Die dem Kläger angebotene Stelle beim P. sei als freie Stelle im Sinne der tariflichen Vorschriften zu qualifizieren. Im Herbst 2004 sei eine weitere Stelle frei gewesen, da eine Mitarbeiterin zunächst in Mutterschutz, später bis Ende 2006 in den Erziehungsurlaub gegangen sei. Das beklagte Land könne sich aber auch nicht auf die vom Integrationsamt erteilte Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses berufen, da es dem Kläger erst nach Ablauf der Frist nach § 88 Abs. 3 SGB IX die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mitgeteilt habe, die Zustimmung durch Zeitablauf verwirkt sei. Im Übrigen hätte das Arbeitsgericht zumindest aber das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Zustimmung des Integrationsamtes aussetzen müssen.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23.08.2005, Az. 91 Ca 9658/05, abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht zum 11.10.2004 sein Ende gefunden hat, sondern darüber hinaus fortbesteht.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land beruft sich zunächst auf Verwirkung. Gerade das Schreiben des Klägers vom 27. September 2004, mit dem er auf die Mitteilung zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses reagiert habe, habe das Entstehen eines Vertrauenstatbestandes beim beklagten Land nicht verhindern können. Der Kläger habe in diesem Schreiben die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch den Eintritt der auflösenden Bedingung nicht in Frage gestellt. Im Übrigen habe der Kläger gegenüber einer Mitarbeiterin des Bezirksamtes immer wieder deutlich gemacht, dass er eigentlich an einer Weiterbeschäftigung nicht interessiert sei, sondern die Zahlung einer Abfindung anstrebe. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit habe zum Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung nicht bestanden. § 59 Abs. 3 BAT gehe von Beschäftigungsmöglichkeiten auf einer unbefristeten Stelle aus. Vertretungsfälle würden nicht darunter fallen. Die vom Kläger benannte Mitarbeiterin sei erst am 24. März 2005 in Erziehungsurlaub gegangen. Ein Zuwarten sei dem beklagten Land nicht zumutbar gewesen. Diese Stelle sei außerdem im Rahmen der Haushaltsplanungen für 2006/2007 mit einem kw-Vermerk versehen worden. Im übrigen hätte das Bezirksamt diese Stelle nach dem Gesetz zur Einrichtung eines Zentralen Personalüberhangmanagements (Stellenpool) des Landes Berlin vom 09.12.2003 (Stellenpoolgesetz -StPG) nicht mit dem Kläger, sondern mit einem anderen Arbeitnehmer aus dem Stellenpool besetzen müssen. § 88 Abs. 3 SGB IX sei auch nicht analog anwendbar, da es der Ausübung eines Gestaltungsrechts nicht bedürfe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 29.12.2005 (Bl. 169 ff. d.A.) und vom 26.02.2006 (Bl. 205-207 d.A.) sowie auf denjenigen des beklagten Landes vom 06.02.2006 (Bl. 189-201 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG, 511 ZPO statthafte Berufung ist form- und fristgerecht im Sinne von § 64 Abs. 6,66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden. Die Berufung war daher zulässig.
2.
Die Berufung des Klägers hatte in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund auflösender Bedingung nach § 59 BAT. Grundlage der Entscheidung waren die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze. Die Schriftsätze des Klägers vom 07. März 2006 und vom 11. März 2006 konnten hingegen nicht berücksichtigt werden, da sie erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen sind (§ 296 a ZPO). Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung kam nicht in Betracht.
2.1.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere war das Feststellungsinteresse für den allgemeinen Feststellungsantrag gegeben. Der Kläger beruft sich darauf, dass die auflösende Bedingung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht eingetreten ist. Dabei handelt es sich nicht um eine Klage nach § 17 S. 1 TzBfG, sondern um eine allgemeine Feststellungsklage, mit der der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung geltend gemacht wird (BAG v. 23.06.2004 - 7 AZR 440/03 - NZA 2005, 520-523).
2.2
Die Klage ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund des Bescheides der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 30. Dezember 2004, mit dem dem Kläger rückwirkend ab dem 15. September 2003 eine unbefristete Rente wegen Erwerbsminderung bewilligt wurde (§ 59 Abs. 1 BAT). Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz war nicht gegeben. Die Mitteilung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses war auch nicht verfristet.
2.2.1
Zunächst ist für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht bereits von der Fiktion nach §§ 7 KschG, 17 Satz 2 TzBfG auszugehen. Die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG findet keine Anwendung, da die Parteien nicht über die Wirksamkeit der Norm oder über die Wirksamkeit einer Vereinbarung über eine auflösende Bedingung streiten, sondern darüber, ob die auflösende Bedingung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich eingetreten ist. Auf einen solchen Streit findet die 3-Wochen-Frist keine Anwendung (vgl. BAG vom 23.06. 2004 a.a.O.).
Dies gilt allerdings nicht soweit sich der Kläger auf eine verspätete Mitteilung des Bezirksamtes über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nach § 88 Abs. 3 i.V.m. § 92 SGB IX beruft. Denn insoweit geht es nicht um die Frage, ob eine vertraglich vereinbarte Voraussetzung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt, sondern ob und zu welchem Zeitpunkt bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzung das Arbeitsverhältnis endet. Dieser Einwand wäre innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung gerichtlich geltend zu machen (Hauck/Nofitz SGB IX § 92 Rz. 6). Da der Kläger diese Frist versäumt hat, galt die Mitteilung jedenfalls als rechtzeitig i.S. von § 88 Abs. 2 KSchG.
2.2.2
Der Kläger hat sein Recht zur Geltendmachung des fehlenden Eintritts der auflösenden Bedingung nicht nach § 242 BGB verwirkt, weil er erst 7 Monate nach Erhalt der Mitteilung über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Klage beim Arbeitsgericht erhoben hat. Es fehlt für die Verwirkung am Vorliegen eines Umstandsmoment. Das Verhalten des Klägers nach Mitteilung der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 8. September 2004 war nicht geeignet, beim beklagten Land ein berechtigtes Vertrauen zu begründen, der Kläger werde die mangelnde Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nicht mehr gerichtlich geltend machen. Ein solches Vertrauen konnte beim beklagten Land schon deshalb nicht entstehen, weil der Kläger währenddessen das Widerspruchsverfahren gegen die Zustimmung des Integrationsamtes zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses betrieben und fortgesetzt hat. Als Antragsteller für die Erteilung der Zustimmung des Integrationsamtes war das beklagte Land beteiligt, hatte also Kenntnis von dem Verfahren. Dass das Verfahren einen anderen Streitgegenstand zum Inhalt hat, nämlich die Beseitigung der Zustimmung des Integrationsamtes und damit die Beseitigung eines Verwaltungsaktes, ist unschädlich. Denn das Ziel dieser Rechtsverfolgung sollte - wie im arbeitsgerichtlichen Verfahren - die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sein. Mit einer Aufhebung der Zustimmung des Integrationsamtes zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfiele nämlich zugleich eine der gesetzlichen Voraussetzungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des schwerbehinderten Klägers. Das beklagte Land konnte aber nicht davon ausgehen, der Kläger führe das Widerspruchsverfahren allein deshalb fort, um den Wegfall des Bescheides, ohne gleichzeitige Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zu erreichen.
Auch die vom beklagten Land behaupteten Äußerungen des Klägers gegenüber einer Mitarbeiterin des Bezirksamtes waren nicht geeignet, die Klage gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses als treuwidrig erscheinen zu lassen. Gerade anhand dieser Äußerungen musste das beklagte Land davon ausgehen, der Kläger werde alles daran setzen, sein Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Dass dies im Ergebnis möglicherweise dazu dienen sollte, eine Abfindung auszuhandeln, mag nicht im Interesse des beklagten Landes gelegen haben, macht aber noch nicht für sich genommen eine Klage gegen die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses treuwidrig.
2.2.3
Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund des Rentenbescheides gem. § 59 Abs. 1 BAT, da eine zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen freien Arbeitsplatz nicht gegeben war (§ 59 Abs. 3 BAT) . 2.2.3.1
Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 30. Dezember rückwirkend zum 15. September 2003 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt. Dieser Bescheid ist rechtskräftig.
2.2.3.2
Nach § 59 Abs. 3 BAT endet das Arbeitsverhältnis nicht, wenn der Angestellte, der nur teilweise erwerbsgemindert ist, nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf seinem bisherigen oder einem anderen freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann, so weit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen und der Angestellte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheides seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.
Dabei sind zunächst als frei solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung unbesetzt sind. Sofern der Arbeitgeber bei Eintritt der auflösenden Bedingung mit hinreichender Sicherheit vorhersehen kann, dass ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist oder unmittelbar danach zur Verfügung stehen würde, ist ein derartiger Arbeitsplatz ebenfalls als frei anzusehen. Zu berücksichtigen sind auch solche Arbeitsplätze, bei denen im Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung feststeht, dass sie in absehbarer Zeit nach Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist frei werden, sofern die Überbrückung dieses Zeitraums dem Arbeitgeber zumutbar ist (vgl. BAG vom 28.06. 1995 - 7 AZR 555/94 - EzA § 620 BGB Nr. 134).
2.2.3.3
Es kann dahinstehen, ob der Kläger mit seinem Schreiben vom 30. Januar 2004 einen ausreichend bestimmten Antrag auf Weiterbeschäftigung nach § 59 Abs. 3 BAT gestellt hat oder ob er zumindest in etwa hätte angeben müssen, wie er sich eine Weiterbeschäftigung beim beklagten Land vorstellen kann, um diesem deutlich zu machen, welche Möglichkeiten der Beschäftigung trotz seiner Erwerbsminderung noch bestehen Denn auch wenn dieses Schreiben die Anforderungen erfüllen würde, liegen die Voraussetzungen nach § 59 Abs. 3 BAT nicht vor, da freie Arbeitsplätze im Sinne dieser Vorschrift nicht gegeben waren.
2.2.3.3.1
Dies gilt zunächst für den dem Kläger mit Schreiben vom 16. April 2004 angebotenen Arbeitsplatz beim P. des Landes Berlin. Bei diesem Angebot handelte es sich um einen Irrtum des beklagten Landes, ein freier Arbeitsplatz in diesem Bereich bestand nicht. Ohne einen existierenden freien Arbeitsplatz tritt aber die Regelung in § 59 Abs. 3 BAT nicht in Kraft.
2.2.3.3.2
Auch der Arbeitsplatz der Mitarbeiterin im Erziehungsurlaub war nicht als frei i. S. v. § 59 Abs. 3 BAT anzusehen. Dieser Arbeitsplatz war zum Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung mit der Stelleninhaberin besetzt und es stand zu diesem Zeitpunkt nicht fest, dass er in absehbarer Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses frei würde.
Nach § 59 Abs. 4 BAT tritt die auflösende Bedingung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Arbeitnehmers mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid des Integrationsamtes zugestellt wurde, ein. Dies war hier mit Ablauf des 30. Aprils 2004, da der Bescheid des Integrationsamtes im April 2004 zugestellt wurde. Der Widerspruch des Klägers sowie das Klageverfahren haben diesbezüglich keine aufschiebende Wirkung. Allein auf diesen Zeitpunkt ist aber für die Beurteilung, ob ein freier Arbeitsplatz vorhanden ist, abzustellen. Dies gilt auch dann, wenn die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Ankündigungsfrist nach § 15 Abs. 2 TzBfG erst nach diesem Datum liegt. Es muss aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse in dem Zeitpunkt, zudem der Tarifvertrag die Beendigung vorsieht, feststehen, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist oder nicht. Die Rechtssicherheit erfordert, dass die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht von später eintretenden, nicht absehbaren Umständen abhängt (BAG vom 9.8.2000 - 7 AZR 759/98). Die Mitteilung nach § 15 Abs. 2 TzBfG hat für sich genommen selbst keine das Vertragsverhältnis beendende Wirkung. Sie enthält nur eine Ankündigungsfrist, innerhalb derer sich der Arbeitnehmer auf die eintretende bzw. bereits eingetretene Beendigung einstellen können soll.
Am 30. April 2004 war der Arbeitsplatz von Frau S. weder frei noch stand zu diesem Zeitpunkt fest, dass er in absehbarer Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses frei werden würde. Der Kläger behauptet selbst nicht, dass das beklagte Land bereits Ende April 2004 davon Kenntnis hatte, dass Frau S. schwanger ist und für zwei Jahre in Erziehungsurlaub gehen will. Dies ist im Hinblick auf die Geburt des Kindes um den Jahreswechsel 2004/2005 wenig wahrscheinlich. Der Zeitraum der Überbrückung wäre hier auch nicht zumutbar.
Aber auch wenn auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die entsprechende Mitteilung des Arbeitgebers abzustellen wäre und das beklagte Land zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von dem beabsichtigten Erziehungsurlaub gehabt hätte, bestand keine zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. Denn zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund des Schreibens der Beklagten vom 8. September 2004 und dem am 24.03.2005 beginnenden Erziehungsurlaub der Frau Singh lagen immerhin noch fast 6 Monate. Die Überbrückung eines solch langen Zeitraums, in dem der Kläger weiterhin keinerlei Arbeitsleistung hätte erbringen können, wäre dem beklagten Land nicht zumutbar gewesen. Auf den früher beginnenden Mutterschutz kann nicht abgestellt werden. Während des Mutterschutzes bestehen Vergütungsansprüche fort, der Arbeitsplatz ist nach wie vor mit der Stelleninhaberin zu finanzieren, mithin nicht frei.
Einer befristeten Beschäftigung des Klägers auf dem Arbeitsplatz der Mitarbeiterin im Erziehungsurlaub während deren Erziehungsurlaubes standen weiterhin dringende betriebliche Gründe entgegen. Denn das beklagte Land muss damit rechnen, dass nach Rückkehr der im Erziehungsurlaub befindlichen Arbeitnehmerin zwei Mitarbeiter um diesen Arbeitsplatz konkurrieren. Zu diesem Zeitpunkt würde die auflösende Bedingung nach §§ 59 BAT für den Kläger nicht mehr greifen, da das Arbeitsverhältnis unbefristet fortgesetzt worden wäre, so dass das beklagte Land die Doppelbesetzung nur durch eine betriebsbedingte Kündigung, dann aber mit entsprechender Sozialauswahl auflösen könnte. Dass das beklagte Land aufgrund des tarifvertraglich vereinbarten Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen diesen Weg derzeit nicht beschreiten kann, ist nur am Rande zu erwähnen.
2.2.4
Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist auch nicht ungeachtet des Eintritts der auflösenden Bedingung nach § 15 Abs. 5 TzBfG mit Wissen des beklagten Landes fortgesetzt worden, mit der Folge, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstehen würde.
Zunächst haben die Parteien eine solche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht auf der Grundlage des Schreibens des beklagten Landes vom 16. April 2004 vereinbart. Auch wenn dieses Schreiben als Angebot des beklagten Landes auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumindest für einen befristeten Zeitraum zu verstehen wäre, hätte der Kläger das Angebot nicht, auch nicht konkludent angenommen. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger in seinem ersten Antwortschrieben seine grundsätzliche Bereitschaft zu einer Tätigkeit im Bereich des P. erklärt hat. Eine vorbehaltlose Annahme lag darin nicht. Wie der Kläger selbst einräumt, hat er stets auf einer näheren Konkretisierung der Stelle, insbesondere auf einer Übersendung der Stellenbeschreibung bestanden. Im Hinblick auf die angekündigte Stellenbeschreibung bat er um Fristverlängerung für seine Entscheidung, die ihm antragsgemäß vom beklagten Land bewilligt wurde. Dass er dann aber zu einem späteren Zeitpunkt - innerhalb der ihm bewilligten Fristverlängerung - das Angebot angenommen hätte, behauptet der Kläger selbst nicht.
Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ist auch nicht deshalb zwischen den Parteien ungeachtet des Eintritts der auflösenden Bedingung zustande gekommen, weil das beklagte Land dem Kläger erst im September - also nach Eintritt der auflösenden Bedingung - die Mitteilung über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zugesandt hatte. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach § 15 Abs. 5 TzBfG lag darin nicht. Diese Rechtsfolge kann der Arbeitnehmer nur durch das tatsächliche Erbringen der Arbeitsleistung erreichen (BAG v. 2.12.1998 zu § 625 BGB - 7AZR 508/97 - EzA § 625 BGB Nr. 4) Der Kläger hat jedoch (unstreitig) zwischen dem Eintritt der auflösenden Bedingung (und auch zuvor) und dem Ablauf des Vertragsverhältnisses nach Mitteilung keine tatsächliche Arbeitsleistungen für das beklagte Land erbracht.
3.
Zwischen den Parteien besteht auch nicht deshalb ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, weil das beklagte Land die Mitteilung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht innerhalb eines Monats nach Erteilung der Zustimmung des Integrationsamtes dem Kläger hat zukommen lassen. § 88 Abs. 3 SGB IX findet auf die Mitteilung nach §§ 15 Abs. 2 TzBfG keine (entsprechende) Anwendung. Eine solche entsprechende Anwendung folgt nicht aus der Verweisung auf die Vorschriften über die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung in § 92 SGB IX. Diese Vorschrift ist auf die Beendigungsmitteilung nicht übertragbar (so auch Hauck/Nofitz SGB IX § 92 Anm. 4; Dörner SchwbG § 22 Rz. 16). Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 59 BAT tritt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die auflösende Bedingung ein. Einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses bedarf es nicht mehr. Mit der Mitteilung über den Eintritt der auflösenden Bedingung wird dem Arbeitnehmer lediglich eine der Kündigungsfrist vergleichbare Auslauffrist eingeräumt. Auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift nach § 88 Abs. 3 SGB IX kommt eine Anwendung der Monatsfrist nicht in Betracht. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, soll mit dieser Regelung sichergestellt werden, dass der Schwerbehinderte nicht darüber im Unklaren bleibt, ob der Arbeitgeber sein Gestaltungsrecht ausübt. Bei der auflösenden Bedingung hingegen liegt der Beendigungstatbestand bereits vor, einer Entscheidung des Arbeitgebers darüber bedarf es nicht mehr. Änderungen der Sachlage, die eine erneute Überprüfung des Integrationsamtes erforderlich machen könnten, kommen hier nicht in Betracht, da maßgeblich z.B. für das Bestehen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten allein der Eintritt der auflösenden Bedingung ist.
Der Kläger kann sich ohnehin nicht auf die Nichteinhaltung der Frist berufen, weil er einen solchen Unwirksamkeitsgrund nicht innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 17, 21 TzBfG angegriffen hat.
4.
Aus diesen Gründen war die Berufung des Klägers zurückzuweisen, mit der Folge, dass er gem. §§ 97 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat. Das Verfahren war nicht nach § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Zustimmung des Integrationsamtes auszusetzen. Es geht im vorliegenden Fall um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses, also um eine Rechtsstreitigkeit bei der dem Beschleunigungsgrundsatz nach § 9 Abs. 1 ArbGG besondere Bedeutung zukommt. Demgegenüber hat das Interesse an der Verhinderung einander widersprechender Entscheidungen zurückzutreten. Die Rechtslage gab auch keinen Anlass zu begründeten Zweifeln an der Bestandskraft des Verwaltungsaktes. Mit der Entscheidung im arbeitsgerichtlichen Verfahren besteht nunmehr zumindest Klarheit für den arbeitsrechtlichen Bereich.
Die Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, daran die Voraussetzungen nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben waren.
Ende der Entscheidung
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